★★★★
„Wir müssen aufhören, es zu glorifizieren, dass wir „viel zu tun“ haben. Wir müssen neu definieren, was Produktivität bedeutet (…)“
„JOMO - von der Freiheit, nicht überall dabei sein zu müssen“ - welchen Inhalt würdest du dir von einem Buch mit diesem Titel erwarten? Ich gebe zu, ich habe im Vorfeld nicht großartig darüber nachgedacht, hätte mich aber im ersten Moment eher auf gesellschaftlichen Hintergrund eingestellt: Wie kann ich fein damit sein, auch mal Dinge zu verpassen, meine innere Ruhe finden, eben entgegen der FOMO (Fear Of Missing Out) unserer heutigen Zeit.
Darum geht es in dem 2019 erschienen Buch von Tonya Dalton allerdings höchstens indirekt. Warum ich trotzdem positiv überrascht wurde, lest ihr in dieser Rezension.
Worum geht es?
Entgegen meiner Erwartungen handelt es sich bei „The Joy of Missing Out“ um ein Buch über das Oberthema Produktivität. Ziel des Buches: Den Lesenden helfen zu erkennen, wie sie das tägliche Chaos an privaten und beruflichen Aufgaben überblicken, durchblicken und reduzieren können, um nicht mehr nur ständig „beschäftigt“, sondern mit weniger To Dos erfüllter in Richtung der eigenen Prioritäten unterwegs zu sein.
„Wir eilen von einer Aufgabe zur nächsten, um so viele Aufgaben wie möglich so schnell wie möglich von unserer To-Do-Liste zu streichen. Wir sind effizient. Aber halten wir inne, um uns selbst zu fragen, ob all diese Aufgaben wirklich getan werden müssen? Sind die Dinge, für die wir uns gerade beeilen, wirklich wichtig?“
Dafür nähert sich Tonya dem Thema aus einer etwas anderen Perspektive, als ich es bisher bei Büchern über Produktivität gelesen habe. Anstatt den Lesenden zu vermitteln, wie sie Dinge effizienter erledigen können, schneller oder besser, setzt sie darauf, von vornherein einen Filter zu setzen, welche Aufgaben es überhaupt wert sind, erledigt zu werden. Effektivität und persönliche Zielorientierung anstatt Effizienz und „Beschäftigt sein“.
Für diesen Ansatz beginnt die Autorin ihr Buch, dass sie in vier Abschnitte gegliedert hat, direkt mit einem Abschnitt über dein ganz persönliches Warum, den sie „Entdecken“ nennt: Was sind eigentlich deine Ziele und deine Prioritäten? Wer bist du und was ist dir überhaupt wichtig? Dieser Abschnitt, den ich so ausführlich bisher kaum in Büchern über Produktivität gelesen habe, bildet eine wichtige Grundlage dafür, dass der Lesende überhaupt die Entscheidungen und Priorisierungen in den darauf folgenden Abschnitten treffen kann.
In diesem Abschnitt geht es auch darum, den von Tonya in den Fokus des Buches gestellten persönlichen „Leitstern“ zu entdecken: Eine Kombination aus deinen Werten, deiner Vision und deiner Mission, die du mithilfe des Buches entdecken sollst. Dein Leitstern ist dann die Basis und die Orientierung für deine künftigen Entscheidungen weg vom reinen „Beschäftigt sein“.
„Wir müssen anfangen, dieses Glück zu entdecken, zu dem entsetzlichen Lärm in unserem Leben Nein sagen zu können, und ein Leben anzustreben, das sich um das dreht, was uns wirklich wichtig ist.“
Im zweiten und dritten Abschnitt „Klarheit“ und „Einfachheit“ geht es um das „Was?“ und das „Wie?“: Wofür setzt du deine Energie ein und wofür nicht? Welche Aufgaben zahlen auf deine Prioritäten ein, welche nicht, und welche Grenzen musst du folglich setzen? Es geht um die Vermeidung von Ablenkungen, die Reduktion von Aufgaben, darum, den Fokus zu finden und die eigenen Prioritäten zu setzen. Und schließlich dann darum, wie du deine Systeme und Routinen so vereinfachst, dass sie dich ohne viel Anstrengung dabei unterstützen.
Der letzte Abschnitt „Harmonie“ rundet das Buch ab, indem es den Feinschliff gibt und beschreibt, wie du dein Leben inklusive wertvoller Freiräume harmonisch ausrichten kannst. Wann sagst du „ja“ und wann lieber „nein“? Wann ist es an der Zeit, die Perspektive mal zu wechseln und warum sind Momente der Stille und des Nichts-Tuns für dich so wichtig? All diese Fragen werden im 4. Abschnitt beantwortet.
„Wir können nicht Ja sagen, ohne Nein zu sagen. Wir müssen die Zeit, die Energie und den Fokus irgendwo anders stehlen - und oftmals fällt uns das noch nicht einmal auf.“
Unsere 3 Lieblingslearnings
1. „Wir müssen die Prioritäten entdecken, die uns ausmachen, doch zuerst müssen wir uns dieser Wahrheit stellen: Wir müssen bereit sein, nicht in allem perfekt zu sein.“
Ein Punkt, der wohl eben so einleuchtend wie schwierig umzusetzen ist: Entscheidest du dich dafür, nicht alles auf deine To Do Liste zu schreiben, sondern bewusst Dinge auszuklammern, auf denen dein Fokus nicht liegt, wirst du dich damit konfrontiert sehen, in diesen Bereichen eben auch nicht als „perfekt“ zu „gelten“.
Du backst keine drei Torten für den Kindergeburtstag sondern bringst Fertigkuchen mit, weil du deine Zeit lieber mit deinen Kindern im Garten statt stundenlang in der Küche verbringst? Was bist du für eine schlechte Mutter! Du lässt eine Haushaltshilfe kommen, weil du die Zeit nach Feierabend lieber nutzt, um mit deinem Mann auszugehen? Schlechte Hausfrau!
Sei bereit, diese Dinge und Urteile anderer wegzulächeln. Sie sind es nicht, die zählen, sondern die Tatsache, ob du dein Leben so lebst, wie es dich erfüllt und dich deinen eigenen Zielen näher bringt!
2. „Fakt ist aber: Wir finden nicht einfach einen erfüllenden, tief befriedigenden Weg - wir erschaffen ihn.“
Word! So viele Menschen beklagen sich vermutlich tagtäglich darüber, dass sie auf irgendeine Weise unzufrieden sind - mit ihrem Job, ihrer Beziehung, ihrer Familie, ihrem Kontostand. Aber Glück und Erfüllung kommen nicht einfach um die Ecke spaziert. Wir müssen in Vorleistung gehen, rausgehen, für unsere Träume einstehen. Wir erschaffen unser eigenes Glück.
3. „Es ist fast immer das Gleiche. Zeit. Immer und immer wieder treffe ich Menschen, die glauben, sie bräuchten mehr Zeit, um das Leben zu leben, das sie wirklich anstreben. Aber sie liegen falsch.“
Du hast keine Zeit, dich um einen neuen Job zu kümmern, dich weiterzubilden, mit deinen Finanzen zu starten, deine Freunde zu treffen, den Tag einfach am Strand ausklingen zu lassen, das Leben zu genießen? Dann frag dich eins: Wie viele Stunden hast du diese Woche auf Instagram mit sinnlosem Scrollen verbracht? Wie viele Abende lagst du mit Netflix auf dem Sofa und wie häufig bist du morgens liegen geblieben und hast 6x auf Schlummern gedrückt? Ich denke, die Antworten sprechen für sich. Jeder von uns hat gleich viel Zeit. Die Frage ist nur, welche Entscheidungen du triffst.
Unsere Bewertung
„The Joy of Missing Out“ ist ein ganzheitlicher Produktivitätsratgeber, der eine Ebene früher ansetzt, als ich es bisher erlebt habe. Diese minimalistischere Perspektive hat mir nicht nur großartig gefallen, ich glaube auch, dass sie in unserer heutigen #sovielzutun-Welt mehr als nötig ist.
Diesem großen Pluspunkt entgegen steht für mich, dass die darauf folgenden Kapitel für meinen individuellen Geschmack etwas stark ausgeschmückt sind. Das Thema hätte (und wurde von anderen Autoren) ohne Qualitätseinbußen auf deutlich weniger Seiten mit weniger Wiederholung behandelt werden können. (Meine Top-Empfehlung in dem Bereich ist definitiv „The One Thing“ von Gary Keller, das wir hier bereits rezensiert haben.
„Statt zu sagen „Ich habe keine Zeit“, versuche mal zu sagen: „Das hat keine Priorität“, und schau mal, wie sich das anfühlt.“ (Laura Vanderkam)
Das Buch an sich ist locker geschrieben, dadurch sehr angenehm durchzulesen und voll von Erfahrungsberichten von Tonyas eigenen Klientinnen und ihren Erfolgsgeschichten, die zeigen: Ja, es wird hart, aber jeder kann die Lektionen des Buches umsetzen.
An dieser Stelle sei auch zu erwähnen, dass das Buch definitiv hauptsächlich an Frauen adressiert ist. Viele Beispiele behandeln z. B. die Mutterrolle und auch die Erfahrungsberichte sind durchweg weiblich, was daran liegt, dass Tonya selbst in ihrem Unternehmen ausschließlich mit Frauen arbeitet. Ich bin aber überzeugt davon, dass, überliest man diesen Fokus großzügig, die Learnings universell und unabhängig von Geschlecht großen Mehrwert bringen können.
Durch und durch also ein wirklich guter Ratgeber, der von uns eine eindeutige Empfehlung erhält. Hier bekommst du die ca. 280 Seiten ab 16,99€ bei amazon!*
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Der Text verwendet wegen der besseren Lesbarkeit nur die männliche Bezeichnungen; selbstverständlich sind damit auch alle anderen Geschlechter angesprochen, männlich, weiblich und divers.
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